Es ist wie immer: Sonntag ist Zeit für Buchstaben und frischen Lesestoff.

➔ Roadeo: Anderthalb

Eine Erasmus-Freundin hatte ich zwar nie, aber genug Leute um mich rum. Und auch wenn es „nur“ Nachbarn waren, war es immer wieder schade, wenn einer wieder weg zog.

    ↳ Die gleiche Art von Gänsehaut die er gespürt hatte als sie das erste Mal zu ihm nach Hause gekommen war. Er hatte sie zum Essen eingeladen. Traditionelle deutsche Küche. Kartoffeln mit Spiegelei und Spinat. Nicht das komplizierteste Essen und auch nicht das deutscheste was er kannte – aber ihr schmeckte es und sie blieb. Auf dem Notausgangstritt vor seinem Dachfenster. Auf dem sie noch lange zusammen in die Nacht geredet, gelacht und getrunken hatten. Bis sie mit den Sonnenstrahlen und seiner Handynummer wieder zwischen den Fassaden der alten Gründerzeithäuser in seinem Viertel verschwand.


➔ The Atlantic: The Management Myth

Über die Jahre kriegt man ja sein eigenes Bild von bestimmten Leuten und Berufsgruppen. Bei Beratern denke muss ich ehrlich sagen, dass ich mich immer frage, wie die es schaffen sich nicht kaputtzulachen. Aber es scheint ja als Geschäftsmodell zu funktionieren. Irgendwie.

    ↳ The strange thing about my utter lack of education in management was that it didn’t seem to matter. As a principal and founding partner of a consulting firm that eventually grew to 600 employees, I interviewed, hired, and worked alongside hundreds of business-school graduates, and the impression I formed of the M.B.A. experience was that it involved taking two years out of your life and going deeply into debt, all for the sake of learning how to keep a straight face while using phrases like “out-of-the-box thinking,” “win-win situation,” and “core competencies.” When it came to picking teammates, I generally held out higher hopes for those individuals who had used their university years to learn about something other than business administration.

After I left the consulting business, in a reversal of the usual order of things, I decided to check out the management literature. Partly, I wanted to “process” my own experience and find out what I had missed in skipping business school. Partly, I had a lot of time on my hands. As I plowed through tomes on competitive strategy, business process re-engineering, and the like, not once did I catch myself thinking, Damn! If only I had known this sooner! Instead, I found myself thinking things I never thought I’d think, like, I’d rather be reading Heidegger! It was a disturbing experience. It thickened the mystery around the question that had nagged me from the start of my business career: Why does management education exist?


➔ Caschy: 512624: Warum ich diese Telefonnummer nie vergessen habe

Man meldet sich viel zu selten bei den Menschen, die einem wichtig sind und auch bei denen, denen man wichtig ist. Ich auch, muss ich zugeben.

    ↳ s gibt Telefonnummern, die vergisst du dein ganzes Leben nicht. Die Nummern von Menschen, die dir etwas bedeuten. Die Nummer, die du als Kind auswendig lerntest, weil du wusstest – du kannst immer anrufen. Zwei Telefonnummern weiss ich bis heute auswendig. 833967 und 512624. Es waren die Nummern von Menschen, die immer für mich da waren, die mir etwas bedeuteten. Die 833967 rief ich zuletzt 1997 an. Das Jahr, in der meine Oma starb. Die Rufnummer, die Wohnung in der ich groß wurde, den Geruch des Kellers, jedes einzelne Detail hat sich bis heute in meinem Kopf gehalten. Wie die Nummer 512624, ebenfalls eine Nummer, die mir als Kind geholfen hat.


➔ 11Freunde: Der Schrecken von Wembley

Ich hab das EM-Finale 1996 ja während eines Bad Religion-Konzerts in Dortmund gesehen. Neben der Bass Drum stand ein kleiner Fernseher aufm Boden, den ich im Blick hatte und ab und an gab’s von Greg auch immer wieder ne Durchsage für alle die, die nicht so dicht dran waren. Ich würde den Abend nicht tauschen wollen.

    ↳ Der Familienurlaub auf der britischen Insel war lange gebucht, vier Tage London, danach raus aufs Land. Reisebeginn: der 27. Juni, drei Tage vor dem Endspiel. Ein undankbarer Zeitpunkt für meine Eltern. Denn statt sich mit Wachsfiguren und dem ersten Hard-Rock-Cafe-Shirt zufrieden zu geben, war für meinen Bruder und mich klar: Wohl und Wehe dieses Urlaubs hängt von der Antwort auf eine einzige Frage ab – »Können wir zum Finale, Papa?«.

Ja, wir können. Dachte mein Vater zumindest. Und so gesellte sich Familie Neumann, party of four, am Finalsonntag in die wirre, verschwitzte Menge vor den Toren des alten Wembley. Wird schon klappen, war sich Vaddern sicher. Doch dann das: Überraschenderweise war das EM-Finale im Mutterland des Fußballs ausverkauft und das Schwarzmarkt-Angebot für vier nebeneinander liegenden Sitzplätze wider Erwarten mau.


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