Ein Gastbeitrag von Traui

Mann, mann, mann, meine herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag!

Das ist echt mal beeindruckend, dass es Leute gibt, die seit 10 Jahren bloggen. Ich habe erst 2005 erfahren, was ein Blog überhaupt ist (und das obwohl ich Infirmatik studiert habe!) und als ich meins dann aufgesetzt habe, hab ich einige Artikel auf 2004 zurückdatiert, damit es so aussieht, als ob ich schon lääängst im Web 2.0 angekommen wäre. Da hat Deine Denkfabrik schon 4 Jahre lang Gedanken produziert. Und inzwischen hab ich ja auch wieder damit aufgehört … also insgesamt mutet mein kurzer Ausflug in die Blogosphäre an wie eine Phase, wie das kurze verzweifelte Aufflackern einer Kerze ehe sie ausgeht, verglichen mit dem hellen, konstanten Schein dieses Blogs hier.

Leider hapert es mir in letzter Zeit an Ideen und Muße, was ja auch zum Ende meines Blogs geführt hat und so fällt mir zu „10 Jahre“ nichts dem Anlass angemessenes ein (außer dass ich auch ein kleines Jubiläum feiere – seit 10 Jahren kein Auto mehr auf die Seite oder aufs Dach gelegt) … und deshalb hier ein kleines, über alle Maßen kitschiges Märchen, das ich kürzlich zusammengetippt habe und dass ich vielleicht gebloggt hätte, hätte ich noch ein Blog. Hätte würde könnte. Danke für Deine Bühne!

Der Prinz und das Stallmädchen

Es war einmal in einem fernen Land ein schöner Prinz. Der lebte glücklich und zufrieden am Hofe seines Vater, des Königs, und sah einer rosigen Zukunft entgegen. Die Geschäfte liefen hervorragend, die gesamte Königsfamilie war beim Volke überaus beliebt und mit den Nachbarkönigreichen hatte man schon vor langer Zeit Frieden geschlossen.

 

Als angehender König hätte der Prinz jede Frau haben können. An den umliegenden Königshäusern gab es viele schöne Prinzessinnen. Doch der Prinz verliebte sich in ein Stallmädchen, das sich um die Tiere in einer der höfischen Stallungen kümmerte.

Es versteht sich von selbst, dass eine solche Verbindung für einen Prinzen nicht in Frage kam. Sollte ein niederes Stallmädchen einst auf dem Thron der Königin sitzen? Aber der Prinz konnte an nichts anderes mehr denken, als an sie. Vielleicht hatte sie irgendetwas an sich, das nur er in ihr sah. Er hätte es selber nicht in Worte fassen können, weshalb er sie so liebte. Aus tausenden Frauen war seine Wahl ausgerechnet auf sie gefallen. Als er nicht mehr anders konnte, gestand er ihr seine Liebe und bat sie darum, eines Tages seine Frau zu werden. Und damit natürlich auch Königin des ganzen Landes.

Nun verhielt es sich so, dass das Stallmädchen anders war als die meisten Mädchen. Sie machte sich nichts aus einem Leben in Prunk, nichts aus schönen Kleidern, nichts aus dem Ansehen einer Königin. Auch hatte sie keine Scheu vor irgendwem und schätze ein offenes Wort. Sie antwortete: “Wie kann ich wissen, ob Du mich wirklich liebst?” Mit einer solchen Frage hatte der Prinz nicht gerechnet. Er entgegnete ihr: “Ich werde es Dir beweisen! Sag mir was ich für Dich tun soll?” – “Das ist es, was Du für mich tun sollst. Hundert Tage lang sollst Du hier im Stall bei den Schweinen wohnen und meine Arbeit für mich erledigen. Dann will ich Deine Frau werden!”

Das Stallmädchen hätte unmöglich etwas Größeres verlangen können. Was für eine Schande für einen Prinzen, eine solche Drecksarbeit zu machen. Aber die Liebe des Prinzen war stärker als das Gefühl der Erniedrigung und so war er am nächsten Tag zu Stelle und begann den Stall auszumisten. Sie setzte sich auf einen Schemel und sah ihm zu. Schon bald war das Geschehen in aller Munde. Die Hofangestellten zerissen sich die Mäuler über den Prinzen. Im ganzen Volk erzählte man sich, dass der Prinz blind vor Liebe sei und jeglichen Anstand verloren habe. Und natürlich erreichte die Kunde auch die Minister und schließlich den König selber.

Als der Prinz bereits eine Woche lang im Stall gelebt und Schweine gefüttert hatte, ließ sein Vater ihn zu sich rufen: “Mein Sohn, was muss ich da hören? Weißt Du nicht, dass Du jedes Mädchen haben kannst? Warum hast Du Dir gerade diese schmutzige Magd ausgesucht? Nicht nur, dass Du Schande über unser ganzes Königreich bringst. Bedenke, Du ruinierst auch Dein eigenes Leben!” Doch der Vater konnte seinen Sohn nicht umstimmen und gab alsbald auf.

Die Wochen zogen ins Land. Morgen für Morgen trat der Prinz seine Arbeit an. Nacht für Nacht schlief er im Heu. Und das Stallmädchen beobachtete alles aufmerksam.

Als bereits mehr als die Hälfte der vereinbarten hundert Tage um waren, ließ die Königin ihren Sohn zu sich rufen. Der Prinz rechnete mit abermaligen Erinnerungen an sein Ehrgefühl und daran, was sich eines Prinzen ziehmt. Doch seine Mutter sagte etwas völlig anderes: “Mein Sohn. Wenn Du hundert Tage lang geschuftet hast und Dich hundert Tage lang zum Gespött gemacht hast, so wird sie wissen, dass Du sie liebst. Und Du wirst sie zur Frau bekommen, weil es so abgemacht war. Doch woher wirst Du wissen, ob sie Dich auch liebt? Liebe kannst Du Dir nicht verdienen. Sie muss Dir geschenkt werden.”

Die Worte seiner Mutter waren wie ein Stich ins Herz. In der kommenden Nacht konnte er nicht schlafen. Er lief im Stall auf und ab und grübelte, was er tun solle. Morgens hatte er einen Entschluss gefasst. Es war ein Entschluss, der ihn traurig machte, aber er wusste, dass es die richtige Entscheidung war.

An jenem Morgen machte sich der Prinz wieder an sein Werk und versorgte die Tiere. Wieder schaute ihm sein geliebtes Stallmädchen zu. Der Tag verging wie die Tage zuvor. Und so sollte es an allen weiteren Tagen gehen – bis zum Neunundneunzigsten. Am Abend des Neunundneunzigsten Tages verließ der Prinz den Stall, kehrte in sein Zimmer im Schloss zurück und schlief in seinem eigenen Bett.

Am Morgen des hundertsten Tages kam er nicht mehr in den Stall. Er zog seine Trauerkleidung an und aß keinen Bissen.

Das Stallmädchen war entsetzt, ihren Prinzen nicht anzutreffen. Sie hatte fest damit gerechnet, dass er den allerletzten Tag ohne Klagen erledigen würde, genau wie die neunundneunzig vorvor, und sie bald seine Frau würde. Diesen Tag hatte sie herbeigesehnt, denn inzwischen liebte sie ihn nämlich auch.

Aber was war geschehen? Warum war er ausgeblieben? In ihrer Verzweiflung ließ sie die Tiere alleine im Stall zurück und rannte zum Tor, das zu den Wohnungen der königlichen Familie führte. Näher durfte sie als Stallmädchen nicht heran. Dort stand sie nun und rief seinen Namen. Wieder und wieder. Nachdem sie mehrere Stunden aus vollem Leibe gerufen hatte, wurde es dem Prinzen angesagt. Der Prinz kam sofort zum Tor geeilt, küsste sie und fragte sie ein zweites Mal, ob sie seine Frau werden wolle. Natürlich wollte sie.

“Lieben und geliebt werden ist wie die Sonne von zwei Seiten zu spüren.” – David Viscott

(Foto von LittleMan @ SXC)

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