Zwar vermeide ich es tunlichst mir irgendwelche am Ende eh nicht realisierbaren Vorsätze fürs jeweils neue Jahr vorzunehmen, aber mehr Bücher zu lesen sollte eigentlich nicht weiter erwähnenswert sein. Da traf es sich natürlich bestens, dass ich eines Tages eine Mail von Oliver Driesen im Postfach hatte. Ob ich denn mal sein Buch lesen wolle. Nun bin ich bei solchen Mails immer ein bisschen skeptisch, da man ja im Laufe der Jahre ne Menge Anfragen zu Zeug kriegt, das, wie sich meist ziemlich schnell zeigt, nicht viel taugt.
Aber: Das Buch macht Spaß.
Was für ein Buch überhaupt? Ach ja. Das Buch heißt Wattenstadt und handelt vom Versuch eines mehr oder weniger größenwahnsinnigen Industriellen aus Wattenscheid mitten im Wattenmeer einen supermodernen… Ach, wisst ihr was? Der Klappentext kann das besser:
In der Nordsee vor der Hallig Langeneß plant der wattenscheider Industrielle Konrad Klapp das ganz große Ding: die „Wattenstadt“, den ersten tauchfähigen Gezeiten-Erlebnispark der Welt. Mit skrupelloser Bauernschläue räumt der bestens vernetzte Turbokapitalist aus dem Kohlenpott alle Widerstände von Umweltschützern, Halligbewohnern und Behörden beiseite. Doch mit dem Starrsinn einiger bodenständiger Widersacher hat Klapp nicht gerechnet – und schon gar nicht mit der unterschätztesten Spezies im Wattenmeer, der Wellhornschnecke.
Das Ganze ist ein unerwartet großer Spaß, in den der Autor als Zutaten allerhand reingeworfen hat. Da haben wir von allem etwas: eine Prise Wirtschaftsroman, ein bisschen Heimatroman, Gesellschaftssatire und wesentlich mehr Teile vom magischen Realismus als ich bei einem deutschen Roman der Gegenwart erwartet hätte. Gut, hier lädt das Setting natürlich schon direkt ein. Das sich zurückziehende Wattenmeer in Verbindung mit den Umwälzungen ausgelöst durch wirtschaftliche Interessen zwängt einem den Vergleich mit dem Herbst des Patriarchen von Gabriel García Márquez, in dem der Diktator das Meer des Landes verkauft, förmlich auf. Dafür, dass der Vergleich jetzt ziemlich groß ist, kann Oliver ja nix.
Eine Leseprobe wäre jetzt vermutlich das perfekte nächste Element dieses Artikels, aber da Oliver Driesen die ersten drei Kapitel von Wattenstadt selbst eingelesen und bei youtube hochgeladen hat, kann er es euch auch einfach vorlesen.
Hab ich das jetzt alles so gelobt, weil ich das Buch von Oliver geschenkt bekommen habe? Nö. Ich krieg auch nix, wenn ihr das Buch hier bei Amazon kauft, Wenn ihr es beim Buchhändler um die Ecke kauft, ja auch nicht. Wobei ihr eh letzteres tun solltet, wenn ihr noch einen habt.